E-Fuels: Klimaschutz geht anders

Mit dem Argument „Technologieoffenheit“ möchte FDP-Verkehrsminister Wissing erreichen, dass auch nach 2035 noch Autos mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden. Fünf Gründe, warum das keine gute Idee ist, sondern wohl eher Blendwerk für die eigene Klientel:

  1. Das Signal an die Autoindustrie: Wir können einfach weitermachen wie bisher, die Autoindustrie braucht nichts zu unternehmen. Dabei wird gerne vergessen, dass das Elektroauto dem Verbrenner technologisch weit überlegen ist: Wesentlich höhere Energieeffizienz, keine Abgase, Rekuperation, kleinere Motoren, mehr und direktere Leistung, kaum Wartungsaufwand, neue Freiheitsgrade beim Design. Auch die Batterietechnik macht große Fortschritte und wird bis 2035 kein bestimmendes Thema mehr sein. Der deutschen Autoindustrie droht ein ähnliches Schicksal wie der deutschen Unterhaltungselektronik oder der Solarbranche. Autos könnten künftig aus anderen Ländern kommen, wenn die Autoindustrie den Trend zu Elektroautos verschläft und ihre Entwicklungsressourcen auf E-Fuels oder Wasserstoff setzt.
  2. Die nach 2035 zugelassenen Verbrennerfahrzeuge sollen eine Einrichtung haben, mit der sichergestellt ist, dass nur E-Fuels genutzt werden können. Das Auto soll erkennen, wenn es mit fossilen Kraftstoffen betankt wurde und dann den Dienst versagen. Bekanntermaßen ist allerdings eine der „Stärken“ der deutschen Autoindustrie, Vorschriften flexibel zu handhaben. So stoßen bis heute auf magische Weise Dieselfahrzeuge auf dem Prüfstand wesentlich weniger Schadstoffe aus als im Normalbetrieb auf der Straße.
  3. Kosten und Verfügbarkeit: Die derzeit größte Produktionsanlage für E-Fuels steht in Chile und produziert täglich 350 Liter Sprit zu einem Preis von 50 Euro pro Liter. Produktionsanlagen können aufgrund der konkurrenzlos billigen fossilen Alternativen nicht wirtschaftlich betrieben werden. Die Errichtung solcher Anlagen wird sich im derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld auf wenige stark subventionierte Prestigeprojekte beschränken. Somit ist nicht zu erwarten, dass E-Fuels zu einem marktgerechten Preis und in signifikanter Menge angeboten werden können. Finanzminister Lindner ruft entsprechend nach massiven Subventionen.
  4. Verdrängung auf Produktebene: E-Fuels werden nach heutigem anerkanntem Stand für Flugzeuge, Schiffe und diverse Produktionsketten gebraucht. Schon hierfür wird die Weltproduktion über Jahrzehnte nicht ausreichen. Jeder Liter, der für den Betrieb von Autos verwendet wird, fehlt in diesen essenziellen Bereichen und wird dort zwangsläufig durch fossilen Kraftstoff ersetzt. Damit können die Autofahrer mit reinem Gewissen fahren, faktisch wird aber durch die Autofahrt eine entsprechende Menge fossiler Kraftstoff verbraucht.
  5. Verdrängung auf Erzeugungsebene: Chile hat ein riesiges Potenzial, sehr viel mehr Strom zu produzieren als es selbst verbraucht. Allerdings ist Potenzial nicht gleichbedeutend mit Realität – nach wie vor deckt Chile den Strombedarf bei weitem nicht mit Erneuerbaren Energien. Auch hier gilt: Jede Kilowattstunde Strom, die für die Produktion von E-Fuels verwendet wird, muss vor Ort aus fossilen Kraftwerken ersetzt werden – womöglich aus besonders belastendem Kohlestrom. Erst wenn der Energiebedarf Chiles vollständig aus Erneuerbaren gedeckt wird, trägt ein Export von E-Fuels zum Klimaschutz bei.

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