Fehlentwicklung bei energetischer Gebäudesanierung

Während für Neubauten die vorgeschriebenen Dämmwerte in immer absurdere und unbezahlbare Höhen klettern, verbleibt ein erheblicher Anteil des Gebäudebestands in Deutschland auf dem Energieverbrauchsniveau des letzten Jahrtausends. Zwar gibt es für die energetische Gebäudesanierung mehrere Förderprogramme, aber die entsprechenden Gesetze sind eher gut gemeint als gut gemacht.

Altbauten: Vorschriften verhindern Sanierung

Bei Altbauten ist es zwar möglich, z.B. neue Fenster einzubauen, aber die meisten weiteren potenziellen Maßnahmen ziehen Folgeinvestitionen nach sich, die der Hausbesitzer nicht stemmen kann oder will. Einige Beispiele:

  • Der Ersatz einer alten Heizung durch eine Gas-Brennwertheizung sorgt für einen geringeren Energieverbrauch. Wer allerdings in Baden-Württemberg seine alte Heizung erneuern möchte, muss dann auch noch rechnerisch 15% des Energiebedarfs aus Erneuerbaren Energien decken. Je nach Erfüllungsoption kommen damit weitere Investitions- oder Brennstoffkosten auf den Hausbesitzer zu, was viele von dieser sinnvollen Investition abhält.
  • Wer einen Teil seiner Fassade sanieren möchte, muss unter Umständen die Sanierung auf die gesamte Fassade ausdehnen. Wer sich das nicht leisten kann oder möchte, lässt eben die Fassade unansehnlich und ungedämmt.
  • Wer durch eine Dämmung energetisch sanieren möchte, muss dabei Mindeststandards erfüllen, die häufig nicht praktikabel sind. Beispiel Dachdämmung: Eine Zwischensparrensanierung in älteren Gebäuden erfüllt nicht die Mindestnorm, weil die Sparrentiefe nicht ausreicht, um genügend Dämmmaterial einzubringen. Es ist also eine zusätzliche Dämmschicht erforderlich, die zwar nicht mehr viel Energieeinsparung bringt, aber enorm viel Geld kostet und den verfügbaren Raum im Dachgeschoss verringert.

Dabei wäre es ganz einfach: Die Regierung müsste den Mut aufbringen, die geltenden Mindeststandards zu Empfehlungen statt Verpflichtungen zu machen, dann wären Hausbesitzer in vielen Fällen eher bereit, Dämmmaßnahmen durchzuführen und damit den Energieverbrauch zu senken.

Dämmvorschriften überdenken

Die immer strengeren Vorschriften für die Gebäudedämmung in Neubauten bewirken vor allem eines: sie machen Wohnraum teurer. Die Wände werden immer dicker, die Fenster verkommen fast zu „Schießscharten“. Wirtschaftlich bringt das wenig: Wer zum Beispiel bereits Energiekosten von unter 1000 € pro Jahr hat, wird kaum 20.000 € investieren wollen, um die Kosten auf 800 € pro Jahr zu drücken. Bei den letzten 5 cm Dämmung, die durch die verschärften Vorschriften notwendig werden, beträgt die Amortisationszeit alleine für das zusätzliche Material schon mehr als 100 Jahre – bei einer durchschnittlichen Lebensdauer der Dämmung von 30 Jahren.

Ein weiteres Problem: die extremen Vorschriften sind am günstigsten mit Dämmstoffen aus Kunststoff zu erreichen, die brennbar sind. Es werden zwar Vorschriften für die Dämmung erlassen, aber keine Vorgaben für die Bauphysik gemacht. So ist es z.B. sinnvoll, eine möglichst große Wärmespeicherkapazität im Haus zu haben, um im Sommer die Innenräume an warmen Tagen lange kühl zu halten. Mit heißen Innenräumen werden die Rufe nach Klimaanlagen lauter, was zu einer drastischen Verschlechterung der Energiebilanz führt.

Was wären die besseren Alternativen? Hierzu einige Punkte:

  • Die Mindestvorschriften für die Dämmung sollten gelockert werden. Hausbesitzer sollten nicht mehr gezwungen werden, in vollkommen unwirtschaftliche Extremdämmung zu investieren. Das macht Wohnraum wieder bezahlbarer. Außerdem sorgt eine Lockerung dafür, dass auch Einzelmaßnahmen umgesetzt werden, die bisher wegen zu strenger Vorschriften nicht möglich oder wirtschaftlich sind.
  • Alternative, nicht brennbare und massivere Dämmstoffe sollten ermöglicht werden, auch wenn die reine Dämmung geringer ausfällt. Wenn im Sommer die Klimaanlage weniger oft laufen muss, hat dies nicht nur Vorteile beim Energieverbrauch. Mineraldämmplatten sind hier eine vernünftige Alternative.
  • Der Zwang zum Einsatz erneuerbarer Energien bei der Heizungserneuerung muss beendet werden. Wenn die Erfüllungsoptionen für sich genommen zwar sinnvoll, aber nicht attraktiv genug sind, sollten sie separat gefördert werden, statt sie an die Heizungserneuerung zu koppeln.

Für eine Förderung der Energiesparmaßnahmen könnte ich mir eine Art „staatliches Contracting“ vorstellen. Hierzu müsste der aktuelle Energieverbrauch festgehalten werden. Die Energiesparmaßnahmen zahlt der Staat, abzüglich der Verbesserungen im Komfort oder des ohnehin fälligen Hausanstrichs. Der Hausbesitzer bezahlt anschließend den Wert der eingesparten Energie an den Staat. Es wäre weit weniger Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Hausbesitzers als die heutigen Vorschriften, wenn diese Art der Sanierung als „Ultima Ratio“ verordnet würde.

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